PROJECT
CA. 1969
- GOUACHE UND TUSCHE AUF PAPIER
- 17,5 x 14,5 CM
RAHMENMAß: 42 X 38 CM
PROVENIENZ
- NACHLASS VON JACQUES DAMASE
SAMMLUNG, FRANKREICH
Sonia Delaunay-Terk wurde 1885 in der Nähe von Odessa in der Ukraine als Sarah Stern geboren. Sie studierte Zeichnen in Deutschland und zog 1905 nach Paris, wo sie ihren Ehemann Robert Delaunay kennenlernte.
Sonia Delaunay war etwas Besonderes: eine Erneuerin, Erfinderin, Urheberin und Kunsthandwerkerin. Sie schuf Kunst und setzte Dinge in Bewegung. Aus Instinkt war sie eine leidenschaftliche Verfechterin der Avantgarde. Mit ihrem Ehemann schaffte sie einen einzigartigen Stil, der als eine Verschmelzung von Kubismus und Futurismus mit sehr intensiven Farben verstanden werden kann und Orphischer Kubismus genannt wird. Der Begriff Orphismus bzw. Orphischer Kubismus bezeichnet eine aus dem Kubismus entstandene Kunstrichtung, bei der vor allem Kreisgebilde in bunten, puren Farben geschaffen werden. Die Farbe wurde ihr Leitmotiv. Sie errichtete ein Gerüst aus neuen Eindrücken, um nicht nach oben, sondern nach innen zu gelangen. Eine neue Gefühlssprache, die der futuristischen Bewegung in Italien, dem Konstruktivisten in Russland und dem Blauen Reiter in Deutschland entspricht. Sonia Delaunay ist die Wurzel der modernen Kunst. Ihre Werke sind von einer Umwandlung des Banalen in das Belebte durch Farbe und einer Intensität der Farbe erfüllt. Doch obwohl ihre Bilder farbenfroh sind, sind sie weit davon entfernt, „leicht" oder einfach zu sein. Tatsächlich kann man ihr Konzept der Tiefe als Erhöhung der Farbe und der Ernsthaftigkeit des Subjekts verstehen. Am 22. August 1949 schrieb sie nieder, was als ihr Credo angesehen werden könnte:
„Bis in die Gegenwart ist die Malerei nichts als farbige Fotografie gewesen, und die Farbe ist immer nur dazu verwendet worden, etwas zu beschreiben. Abstrakte Malerei ist ein erster Schritt hin zur Befreiung von der alten bildnerischen Formel. Doch die wirklich neue Malerei wird erst dann beginnen, wenn die Menschen verstehen, dass Farbe ein unabhängiges Leben für sich hat, dass die unendlichen Farbkombinationen eine viel ausdrucksstärkere Poesie und Sprache haben als die althergebrachten Methoden. Es ist eine geheimnisvolle Sprache, in Harmonie mit den Schwingungen, ja dem Leben der Farbe. Auf diesem Gebiet liegen neue und unendliche Möglichkeiten.“
1964 erhielt sie als erste lebende Künstlerin eine Retrospektive im Louvre in Paris. Im gleichen Jahr lernte sie den Verleger Jacques Damase kennen, dieser galt als ein herausragender Verleger der bedeutendsten Künstlern seiner Zeit über Chagall, Braque und Picasso. Bei gemeinsamen Arbeiten an Ausstellung, Katalogen, Bildbänden und der Vorbereitung von Drucken spielte Damase für die Förderung der öffentlichen Anerkennung von Delaunay eine herausragende Rolle. Nachdem er und Delaunay sich angefreundet hatten, war er für eine große Anzahl wertvoller und liebevoll gestalteter Bücher in limitierten Auflagen verantwortlich. Eine der ersten großen Ausstellungen, die nach ihrer Begegnung mit Damase stattfanden, trug den Titel L´Expo 1925 (Die Ausstellung 1925), und fand 1965 im Musée des Arts Décoratifs in Paris statt. Ein Raum war Sonias Stoffentwürfen und Kleidern gewidmet und zeigte, wie bestimmend ihr Einfluss auf diesen Gebieten während der 20er Jahre war. Dank Damases Hilfe konnte sie sich 1967 des größten Tributs erfreuen, der ihr je gezollt worden war: einer fast 200 Werke umfassenden Retrospektive ihres Werks im Musée d´Art Moderne. Zudem verfasste Sonia Delaunay eigens für Damase eine Arbeit anlässlich der Ausstellung im Maison de la Culture im Jahr 1978, die zum 30-jährigen Jubiläum der Jacques Damase Editionen organisiert wurde. Diese Ausstellung fand ebenfalls 1979 im Centre Pompidou statt. Die Arbeit, die Delaunay Damase hierfür schenkte, war wohl das letzte von ihr ausgeführte Werk.
Ein Jahr später starb Sonia Delaunay am 05. Dezember friedlich in ihrem Atelier. In ihr bodenlanges blaues Samtkleid gekleidet, das Hubert de Givenchy anlässlich des Empfangs zu Ehren von Königin Elisabeth II. In Versailles für sie entworfen hatte, wurde sie auf dem kleinen Friedhof von Gambais beigesetzt, gleich neben dem Grab ihres Ehemanns, das sie jedes Jahr an seinem Todestag besucht hatte.