1983
GALERIE THOMAS, MÜNCHEN
Die neunundzwanzigste Biennale in Venedig im Jahr 1980 markiert die Geburt der italienischen Transavantgarde, deren Ansinnen es ist, zurück zu einer konzeptionellen, minimalistischen und darstellenden Gegenständlichkeit zu gelangen. Eine der herausragenden Persönlichkeiten dieser postmodernen, emotional betonten Bewegung ist Mimmo Paladino, dessen vielfältiges ikonographisches Repertoire faszinierende Bildwelten entstehen lässt, deren Wurzeln in den alten Völkern des Mittelmeers liegen.1
Auch unser Werk weist diese kreative und schöpferische Bildsprache auf, die es dem Betrachter ermöglicht, immer weiter in die Tiefe des Motivs zu dringen, um Neues zu finden. Eine amorphe Form, die hier filigran im zunächst undefinierten Raum steht, fängt das Auge. Einzelne Ornamente werden darauf sichtbar, und die vermeintliche Form wird selbst zur Leinwand, da die auf ihr dargestellte Fülle so kontrastierend zur Umgebung ist. Stumme Masken blicken gedankenverloren, beinahe ängstlich in die Weite. Pflanzen und Tiere werden schematisch dargestellt, nur einige blasse, pflanzenähnliche Farbfelder in der filigranen Form bilden räumliche Masse. Eine junge Frau, die von Paladino in klar umrissenen Konturen in skulpturaler Einfachheit dargestellt wird, bildet sitzend in dieser Schale den Fokus – melancholisch, fern und einsam. Das Auge sucht den Zusammenhang und erkennt plötzlich eine durch nur wenige Striche angedeutete tiefe Landschaft, einer Küstenlandschaft ähnlich. Der Eindruck an eine Arche voller exotisch-fremder Symbolik, einsam treibend an der weiten Küste, wird wach und zeigt die tiefen Bildwelten Mimmo Paladinos, die erobert werden müssen.
1 Bruno Cora und Nanni Balestrini: Paladino. Prato 2002, S. 15ff.